Das Wandgemälde über dem Kirchenportal
«Der, den ihr sucht, ist nicht hier»
Das Wandgemälde über dem Kirchenportal von Fritz Ryser (1942)
Über dem Hauptportal der Kirche prangt ein Gemälde, das man oft übersieht, wenn man die Kirche betritt. Meist schaut man dabei nämlich auf seine Füsse. Dabei deutet der Engel auf dem Bild: «Schaut nach oben!» So hat sich der Maler Fritz Ryser die Szene am Ostermorgen vorgestellt, welche die drei synoptischen Evangelien schildern:
Der Stein vor dem Grab Jesu ist weggerollt, darauf sitzt ein Engel in leuchtendem Kleid und sagt zu den Frauen, die kommen, um den Leichnam zu salben: «Fürchtet euch nicht! Ich weiss, ihr sucht Jesus, den Gekreuzigten. Er ist nicht hier, denn er ist auferstanden, wie er gesagt hat.» (Matth. 28,5-6)
Fritz Ryser wurde 1910 in Gysenstein geboren, sein Vater war nebenamtlicher Sigrist in Konolfingen. Das künstlerisch begabte Kind wäre gerne Musiker geworden, doch eine Kinderlähmung verunmöglichte das. Er lernte Flach- und Schriftenmaler und konnte sich dann in Basel und Paris zum Kunstmaler ausbilden. Neben einer Anstellung als Lehrer an der Gewerbeschule Basel schuf er in den folgenden Jahrzehnten ein umfangreiches Werk an Landschaftsbildern, Porträts, Stilleben und Wandmalereien (auch das grosse Wandbild im Schulhaus Gysenstein stammt von ihm).
Als er den Auftrag zu diesemWandbild erhielt, stand er am Anfang seiner künstlerischen Laufbahn. In Europa tobte der 2.Weltkrieg, die Zukunft war ungewiss. Ob er das Motiv selbst bestimmte, wissen wir nicht. Aber im November 1942 dankte er dem Kirchgemeinderat, dass er ihm «die Möglichkeit bot, in der jetzigen Zeit des grossen Sterbens, der traurigsten Ereignisse von der Botschaft der Auferstehung und des ewigen Lebens in der mir geschenkten Sprache zu zeugen. Möge dieses Bild viele Davorstehende zu vertiefter, innerer Besinnung und zu neuem hoffendem Leben führen.»
Das Bild über dem Kircheneingang will den Eintretenden sagen: In diesem Haus hören wir Worte der Hoffnung. Wir schauen das Licht des Himmels, nicht das Dunkel des Grabes. Und es ruft uns immer wieder die Kernbotschaft des Christentums in Erinnerung:
Wir glauben ans Leben – trotz Unrecht, Gewalt und Tod.
Samuel Burger, Pfarrer